Lichtstarke Objektive für kleines Geld

Lichtstarke Objektive für kleines Geld

Der ultimative Tipp für Film- und Fotoaufnahmen im Wald

Diese Story zeigt, wie man seine Kamera für wenig Geld mit alten manuellen Objektiven fit für Aufnahmen in dunkler Umgebung machen kann.

Budget? Ab 1 EUR kann man mit Glück auf ebay fündig werden, realistischer sind Preise zwischen 15 und 55 EUR auf Kleinanzeigenportalen. Für dieses Budget lassen sich zahlreiche 30-40 Jahre alte Objektive finden, die sich mittels Adapter an aktuellen Wechselobjektivkameras verwenden lassen.

Der Vorteil? Lichtstärke! Je mehr Licht ein Objektiv durchlässt, desto kürzer kann die Belichtungszeit sein, um z.B. Action ohne Bewegungsunschärfe einzufrieren. Oder der ISO-Wert kann niedriger eingestellt werden, womit sich das Bildrauschen reduziert.

Wie erkennt man Lichtstärke? Lichtstärke lässt sich auf Objektiven immer aus der Blendenzahl ableiten. Diese wird meist in der Form 1:2.8 angegeben. Je kleiner die Zahl hinter dem Doppelpunkt, desto lichtstärker ist das Objektiv.

Lichtstarke Objektive für kleines Geld

Lichtstärke kostet Geld. Wer die Preise aktueller Objektive vergleicht, wird schnell erkennen, dass lichtstarke Linsen leicht über 1000 EUR kosten können. 1:1, 1:1.4 und 1:2 sind Werte, für die man tief in die Geldbörse greifen muss. Viele der Standard-Zoomobjektive, die zusammen mit Kameras ausgeliefert werden, liegen im Bereich 1:4-5.6. Das reicht für den Normalgebrauch auch aus, aber besonders in lichtarmen Situationen wird es eng.

Was bedeutet das in der Praxis?

Beim Fotografieren:
Wenn man mit einem 1:2.8er Objektiv noch mit einer kurzen Belichtungszeit von 1/1000 Sekunde fotografieren kann, dann ist dies bei gleichem Licht mit einem 1:5.6er Objektiv nur noch mit 1/250 Sekunde möglich. Die längere Verschlusszeit friert die Bewegung des Bikers nicht mehr richtig ein, Bewegungsunschärfe ist zu erkennen.

Beim Filmen:
Wenn beim Filmen mit 1/100 Sekunde Belichtungszeit beim 1:2.8er Objektiv ein ISO-Wert von 100 noch ausreicht, dann muss bei einem 1:5.6er Objektiv dieser Wert auf 400 hochgeschraubt werden. Das Bildrauschen nimmt zu, die Bildqualität wird dadurch schlechter.

Die gesuchten alten Objektive sind manuelle Festbrennweiten. Auf Autofokus muss man dabei verzichten, Blende- und Fokus werden manuell eingestellt. Das sind zum Beispiel Weitwinkelobjektive wie ein 28mm 1:2.8 oder Normalbrennweiten wie ein 50mm 1:2. Diese Objektive gibt es von vielen Herstellern (Tokina, Vivitar, Yashica, etc.). Mittels Adapter (für ca. 10 bis 20 EUR erhältlich) lassen sich viele (aber nicht alle) der alten Anschlüsse am Bajonett moderner Kameras befestigen (EOS, MFT, E-Mount, etc.).

Lichtstarke Objektive für kleines Geld

Viele 28mm und 50mm Objektive bekommt man für 15 bis 30 EUR, aber es gibt natürlich auch Qualitätsunterschiede. Checkt dazu die Foto-Foren, wo viele der alten Linsen von Usern gekauft und getestet wurden. Wer etwas mehr an Lichtstärke sucht, bekommt für 50 bis 100 EUR auch ein 24mm 1:2.8, 28mm 1:2 oder 50mm 1:1.4.

Hier noch einmal ein Vergleich
Ein 17-85mm Zoomobjektiv mit 1:4-5.6 liefert bei 50mm Brennweiteneinstellung maximal 1:5.6 Lichtstärke. Verglichen mit einem 50mm 1:1.4 ein gravierender Unterschied. Nutzt man mit der Festbrennweite 1/1000 Sekunde als Belichtungszeit, erreicht man die selbe Bildhelligkeit mit dem Zoomobjektiv erst bei 1/60 Sekunde. Was das bei Actionaufnahmen bedeutet muss man nicht erklären.

Auch ein schon relativ teures 12-60mm Zoomobjektiv mit durchgängig guter 1:2.8-4 Lichtstärke muss bei der 28mm Einstellung auf eine 3.6er Blende zurückgreifen. Verglichen mit einem 28mm 1:2 muss man für die selbe Helligkeit also 2-3 mal länger belichten.

Und die Bildqualität?
Eine größere Blendenöffnung erzeugt eine reduzierte Schärfentiefe. Das bedeutet, dass fokussierte Objekte besser freigestellt werden, da Vorder- und Hintergrund unschärfer abgebildet werden. Das wirkt sich eher positiv auf den Look aus.

Lichtstarke Objektive für kleines Geld

Aber es gibt auch Nachteile. Alte Objektive können im Inneren nicht mehr ganz sauber sein. Staub, Belag, Glaspilz, ölige Blende und zu viel Spiel in der Mechanik können vorkommen. Deshalb vor dem Kauf immer prüfen bzw. sich den Zustand genau schriftlich dokumentieren lassen.

Häufig ist das Bild bei Offenblende an den Rändern nicht scharf, auch die Mitte leicht weichgezeichnet, so dass in der Praxis erst die zweitgrößte Blende sinnvoll einzusetzen ist (z.B. bei einem 1:2er nicht Blende 2, sondern erst 2.8. Dies trifft allerdings auch auf moderne Objektive der günstigen Kategorie zu, erst das teure 'Glas' hält was es verspricht.

Tipp: Wer es ausprobieren möchte, am besten erstmal nur mit einer manuellen 28mm Festbrennweite starten. Zum Beispiel einem Tokina RMC II 28mm 1:2.8, das man immer wieder für 15 bis 30 EUR im Netz findet. Wenn man dieses Objektiv dann häufiger einsetzt, kann man an die Anschaffung von weiterem 'Altglas' denken.

30.08.2019 © FULLFACE  |  Text: Jürgen Schall  |  Fotos/Grafiken: Jürgen Schall